Viele Bausparer, die ihren Bausparvertrag bereits vor zehn Jahren abgeschlossen haben, konnten sich bislang über die anhaltende Niedrigzinsphase kaum beschweren. Denn die Altverträge wurden nicht selten noch immer mit mehr als drei Prozent verzinst. Doch der Druck auf die Bausparkassen wächst aufgrund der unterirdischen Zinsen stetig weiter an, sodass diese nun die hochverzinsten Bausparverträge kündigen. Doch eine solche Bausparvertrag – Kündigung ist nicht immer rechtens.
Dass eine Bausparkasse in der derzeitigen finanzpolitischen Situation Zinssätze von über drei Prozent kaum mehr zu stemmen in der Lage ist, leuchtet wohl ein. Nichtsdestotrotz sollten dann nicht immer die Verbraucher den schwarzen Peter ziehen müssen. Wessen Bausparvertrag somit gekündigt wurde, sollte seine Vertragsunterlagen genauestens prüfen, denn die Kündigung könnte unter gewissen Umständen unwirksam sein.
Bausparvertrag adé: Viele Altverträge bereits gekündigt
Viele Bausparkassen versuchen dem Zinsdruck zu entgehen, indem sie die alten Bausparverträge mit teils 3,5 prozentigen Zinssätzen loswerden. So hatte bereits die Landesbausparkasse (LBS) Bayern angekündigt, 26.000 teure Altverträge aufzulösen. Auch die LBS West zog mit der Kündigung von 12.000 gleichartiger Verträge nach. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich die Bausparkasse Wüstenrot von 15.000 alten Bausparverträgen losgesagt. Ein genauerer Blick auf die Zahlen verrät, dass das Betriebsergebnis der Bausparkassen im Vorjahr um elf Prozent zurückging. Ohne Zweifel erfordert so eine Bilanz gewisse Gegenmaßnahmen, jedoch wollen nicht alle Kassen gleich den teuren Bausparvertrag einiger Kunden kündigen. So reagiert beispielsweise die Schwäbisch-Hall mit einem entsprechenden Sparprogramm, mit welchem bis zum Ende 2016 die Kosten um etwa 15 Prozent abgesenkt und rund 200 bis 250 Stellen entfallen sollen. Über die Kündigung von Altverträgen verlor der Marktführer jedoch noch kein Wort.
Bausparvertrag: Wann ist die Kündigung unwirksam?
Wenn Bausparern der Bausparvertrag gekündigt wurde, müssen sie das nicht zwangsläufig einfach so hinnehmen. Denn die Bausparkasse hat nur dann den Trumpf in der Hand, wenn die Bausparsumme 100 prozentig angespart ist. Sollte dies nämlich der Fall sein, wird der Zweck, den der Bausparvertrag mit sich bringt, nicht mehr erfüllt. Man könne schließlich einen Bausparvertrag nicht ein Leben lang ansparen, so Christine Kienitz von der Verbraucherzentrale Hessen. Jedoch boten die Bausparkassen in vergangenen Zeiten häufig neben äußerst attraktiven Zinsen auch mit entsprechenden Boni, wenn sie das Darlehen nicht abrufen. Dies könnte ebenso bei den LBS Bayern sowie West der Fall sein. Denn diese Kassen kündigten die Altverträge mit der Begründung, dass diese bereits seit einem Jahrzehnt zahlungsreif seien. Eine solche Darlehensreife hat ein Bausparvertrag für gewöhnlich dann erreicht, wenn die Bausparsumme zu 40 oder 50 Prozent angespart wurde. Bausparer, die einen solchen Vertrag abgeschlossen haben, sollten daher prüfen, ob ein Bonuszins vereinbart wurde. Dieser gilt für den Fall, wenn zwar die Zahlungsreife erreicht, jedoch kein Darlehen in Anspruch genommen wurde. Laut Einschätzung des Anwalts für Bank- und Kapitalmarktrecht Martin Wolters beginne mit dem neuen Zins die Vertragslaufzeit neu.
Bausparvertrag: Rechtliche Grauzone bei Kündigung
Im Juli 2010 urteilten die Richter des Landgerichts Mainz, dass ein Bausparvertrag nicht eine zinsgünstige Geldanlage zum Zweck hätte, sondern letztlich der Erlangung eines Bauspardarlehens diene. Nichtsdestotrotz scheint es hier noch eine gewisse rechtliche Grauzone zu geben. Das Kündigungsrecht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) könnte je nach Auslegung hierbei zum Nachteil der Kunden sprechen. So werden in der Ansparphase Bausparer als Kreditgeber gesehen, womit nach einem Zeitraum von zehn Jahren der Darlehensnehmer – in dieser Interpretation also die Bausparkasse – das Recht hat, den Vertrag zu kündigen. Hierin besteht also noch etwas Klärungsbedarf, was dann wohl dem Bundesgerichtshof obliegt.
Bis dahin sollten Kunden jedoch unbedingt ihren Bausparvertrag prüfen und im Zweifelsfall Einspruch gegen die Kündigung einlegen.